Das deutsche Problem mit dem Nettsein

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Loading... Nach meinem letzten Beitrag über das Recht zum „Scheiße-sein“ habe ich mir einige Gedanken zu dessen Gegenteil gemacht: Dem Nettsein! Die Logik dahinter: Wer sein Recht darauf, scheiße zu sein, derart verteidigen muss, hat offenbar ein gestörtes Verhältnis zur Nettigkeit!

Dabei ist „nett“ doch etwas völlig positives: Eine nette Person ist freundlich, hilfsbereit, positiv, liebenswert usw. – da kann ja nichts Übles dran sein, nicht wahr? Scheinbar doch. Denn schließlich ist „Nett die kleine Schwester von Scheiße“, wie uns ein Buch erzählen will. Und in den Kommentaren bei Amazon, fühlte sich eine Person von diesem Titel „sehr angesprochen“! Wirklich? Sogar „sehr“ angesprochen? Da ist doch was faul!

„Nett“ benutzen wir in Deutschland gerne ironisch: Wie war der Abend? „Ganz nett“ – also langweilig! Hier haben wir das freundliche Pendant zu „nicht schlecht“, was ja „einigermaßen gut“ bedeutet. Nicht fantastisch, aber ganz ok. Wir haben uns „nett“ also über viele Jahre zu etwas geformt, das nicht mehr ohne ironischen Überbau daherkommt. „Der Typ gestern war ja ganz nett …“, hat uns also nicht vom Hocker gehauen, sondern war eher langweilig.

Dabei haben sich viele Menschen, besonders die Männer, das Nettsein zur zentralen Lebensphilosophie gemacht: Vorsichtig, freundlich und unverbindlich werden da Dates bestritten, die meistens darin enden, dass sich Frauen langweilen und am nächsten Tag der besten Freundin mit einem enttäuschten Gesicht vom „netten Typen“ berichten. Das liegt einerseits daran, dass Männer keine Ahnung haben, wann und wie das Nettsein angebracht ist. Andererseits liegt es am deutschen Problem mit „nett“: Es ist einfach nicht gut genug, wenn man eine nette Person ist. Nett bedeutet nämlich auch „schwach“, „lauwarm“ und „unmännlich“.

Mit unserem Alltagsgebrauch von nett, haben wir uns ein seltsames Problem geschaffen: Eine nette Person zu sein, ist scheinbar nicht einmal mehr wünschenswert! Der nette Mensch ist der langweilige Verlierer – völlig unattraktiv und naiv. Daher bemühen wir uns oft lieber um das Gegenteil, indem wir versuchen, nicht nett zu sein, und damit alles freundliche, warme und gute Verhalten anderen Menschen gegenüber einstellen, schließlich wollen wir ja gewinnen und gut aussehen. Wir verhalten uns oft lieber nicht „nett“ – was wiederum dazu führt, dass ein mit „scheiße“ zu bezeichnendes Verhalten als die richtige Option erscheint.

Das Ergebnis: Freundliches, nettes Verhalten zu finden, ist in Deutschland wie ein nicht enden wollendes russisches Roulette – mit viel Glück findet man nette Leute. Ein gehöriger Anteil ist lieber scheiße, und holt sich Rat in Büchern und Zeitschriften, die das Scheiße-sein erlauben! Womit wir in einem Teufelskreis gelandet sind: Selbst die netten überlegen sich, ob es sich überhaupt noch lohnt, gegen den täglichen Shit-Storm anzukämpfen – viele haben da schon aufgegeben.

Dabei wünschen wir uns alle, freundliche (nette!) Menschen um uns zu haben – selbst diejenigen, die sich für schlechtes Verhalten entscheiden, wünschen sich das, scheitern jedoch am schlechten Image von „nett“ in unserer Gesellschaft. Ein Trauerspiel!

Interessanterweise kenne ich da einige Ausnahmen: Personen, die sich ganz klar dafür entschieden haben, „gute“ Menschen sein zu wollen und dies zu 100% auch so leben. Diese Menschen sind nachhaltig glücklicher und führen ein wesentlich besseres Leben – insbesondere in ihren Beziehungen – als der Rest, der versucht vorsichtshalber scheiße zu bleiben.

Nett ist also eine gute Sache – dies gilt insbesondere für Frauen, denn Männer stehen auf nette Frauen. Das ist im Attraktivitätsmerkmal „gute Muttereigenschaften“ versteckt und essenziell wichtig für eine gute Beziehung mit einem guten Partner.

Für Männer gilt ganz klar: Nettsein ist wichtig und auf keinen Fall etwas Schlechtes – aber bitte zum richtigen Zeitpunkt!

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8 Kommentare zu Das deutsche Problem mit dem Nettsein

  1. Kai sagt:

    Lieber Herr Konrad,
    naja, Ihre Analyse des zu Netten trifft sicherlich auf viele Geschlechterbeziehungen oder -nichtbeziehungen zu, aber keinesfalls auf alle. Es gibt ja nun auch wirklich eine bestimmte Anzahl von Frauen, die WIRKLICH auf nette Männer stehen – und die Nase von Bad Guys voll haben. Auch ist das m.E. eine Frage der Reife. Ich habe zwar eine sehr junge Freundin, aber sie fand das Bad-Guy-Getue schon immer affig und unerotisch – und suchte eben doch nach einem Mann, der zu seiner Nettigkeit authentisch steht und obendrein auch sein eigenes Ding macht, also ein gewisses Selbstbewusstein mitbringt.
    Als Coach würde ich den Männern also eher raten: Versucht wirklich authentisch zu werden, so, wie ihr wirklich seid – und nicht so, wie eine wirkliche oder nur vermutete Anzahl von Frauen euch haben will. Denn es mag ja sein, dass die Mehrzahl der Frauen nette Männer unattraktiv finden, aber es gibt eben immer eine Anzahl von Menschen, die vom Mainstream abweichen. Und insofern ist auch für »nette« Männer die richtige Frau dabei, wenn sie denn vielleicht auch ein wenig länger suchen müssen als die Bad Guys. DARIN würde ich Männer bestärken – in dem Bemühen, sie selbst zu werden, egal ob es eher nette oder introvertierte Männer sind oder eben forsche und weniger »nette« Männer. – Wirklich fatal finde ich nämlich die augenblickliche Tendenz in vielen Ratgebern, dass Männer, die von Natur aus eher sensible oder sanfte Menschen sind, jetzt krampfhaft versuchen sollten, männlicher zu wirken oder sich zu verhalten. Das Kind ist doch schon in den Brunnen gefallen, wenn man sich regelrechte Strategien zulegen muss oder sollte, um eine Frau zu beeindrucken. Ich finde das ganz grauenhaft und habe es immer abgelehnt, »cool« sein zu wollen, weil ich es von meiner ganzen Wesensart überhaupt nicht bin. – Und ich wünschte mir für Männer, denen es ähnlich geht, mehr Coaches, die sie ermutigen, sie selbst zu werden und dazu zu stehen.

    • Dr. Jochen Konrad sagt:

      Lieber Kai,

      ich denke, dass meine Kritik am Nettsein nicht automatisch „Bad-Boy-Getue“ hervorrufen sollte – ganz im Gegenteil: Man kann nett sein UND dabei auch männlich. DAS macht einen richtigen Mann nämlich aus.

      Was Sie also als Coach raten würden, ist im Prinzip ja genau das, was ich schon seit Jahren in meinem Blog und Büchern predige und auch in Coachings an Männer weiterzugeben versuche.

      Den einzigen Kritikpunkt, den ich an Ihrem Kommentar habe, finde ich in Ihrem letzten Abschnitt: Wenn ein Mann keinen Erfolg bei Frauen hat, dann gibt es dafür gute Gründe. Diese kann man ganz klar herausfinden und daran so lange arbeiten, bis es da keine Probleme mehr gibt. Wir machen das mit allen Dingen in unserem Leben: Wenn wir zu dick sind, dann nehmen wir ab, wenn wir zu einem Bewerbungsgespräch gehen, dann legen wir uns eine Strategie dafür zurecht, wenn wir schlecht Klavier spielen können, dann gehen wir zu Lehrern und üben, wenn wir gesundheitliche Probleme haben, dann gehen wir zum Arzt und arbeiten an unserem Problem, bis wieder alles gut ist. Wieso soll das nicht für Dating und Beziehungen gelten? Eltern bringen Ihren Kindern ja auch richtiges Verhalten, gute Manieren usw. bei – wenn das nicht passiert ist, hat man natürlich Probleme mit seiner sozialen Umwelt. Niemand würde hier sagen, dass eine sozial unfähige Person gerne so bleiben darf – das ist schließlich authentisch.

      Daher finde ich es ein bisschen faul/oberflächlich/ausredenhaft, wenn man sich auf „so ist eben mein Wesen, und es ist unangenehm, wenn ich mich verändern muss, ’nur‘ um Frauen kennenzulernen“ ausruht und nichts tut.

      Viele Grüße,
      Ihr Dr. K

  2. Michael sagt:

    Hab mich verschrieben ich hoffe ich werde nicht wegen diesem Fehler von jemand kritisiert den das ist auch so eine Mode geworden in Deutschland aus einer Mücke einen Elefanten machen.
    Das wichtigste ist immer der Inhalt.
    In dem Sinne schönen Tag.

  3. Michael sagt:

    Das ist ein guter Beitrag. So sehe ich das auch. Deutsche Frauen machen sich für mich im internationalen Vergleich total schlecht.
    Sie sind unfreundlich und stehen auch auf Arschlöcher.
    Diese ganze Thema wird falsch verstanden von Nett sein. Weil ein Mann höflich und freundlich ist ist er kein Weichei oder ein Nice Guy.
    Die deutsche Frau hat verlernt was attraktiv ist.Sie hat verlernt was es bedeutet eine gesunde Beziehung zwischen Mann und Frau zu führen.
    Gut erzogene Männer wollen seitdem alle Bad Boys werden und haben die Mitte verloren. Fühlen sich gefangen einerseits wollen sie nett sein anderseits sollen sie jetzt alle Arschlöcher werden den die Frauen stehen drauf ein Teufelskreis. Daher gebe ich den meisten Männer die Tipps. Triffst du auf eine deutsche unfreundliche Zicke jag sie zum Teufel. Und suche dir eine Frau aus dem Ausland die noch eine gesunde Erziehung genossen hat.

  4. Mady sagt:

    man kann schon zu nett sein, meine Eltern waren so und ich wollte nie so werden.

    Ist-Zustand: mein Mann hat noch nie die Wasch- oder Spülmaschine betätigt, mein Kollege stellt die Klimaanlage auf 19,5 Grad und ich sage und mache nix.

    Zur Zeit bin ich im Internet unterwegs zwecks Suche von Freundinnen für Shoppen, Theater und sowas eben. Ich treffe mich, höre mir stundenlang Geschichten an, traue mich nicht mal eine zu rauchen und bin froh, wenn ich wieder zuhause bin, weil es für mich anstrengend ist, bin aber trotzdem immer lustig und amüsant, so wollte ich nie werden. Ein gutes Beispiel war auch meine Mutter: mein Vater war gerade gestorben, sie lag in so einem AOK-Mehrbettzimmer und hatte da lauter Damen, die stundenlang Eheprobleme vor ihr ausgebreitet haben und die haben es nicht gerafft, dass das für sie wohl doof sein muss, natürlich hat sie auch nix gesagt. Bei mir liegt ja demzufolge eine genetische Belastung vor. Also falls es irgendwo ein Anti-Nettigkeits-Seminar gibt, werde ich mich einschreiben.

    Langweilig hat mich noch nie jemand gefunden, wo ich bin wird eigentlich immer gelacht, was Männer anbelangt, bin ich schon ewig mit dem gleichen verheiratet, wenn ihm mal eine andere Frau so ein bißchen gefällt, kommt dann oft der Kommentar, aber weisst Du ich glaube, die ist ein bißchen streng (Müll runterbringen, morgends früh aufstehen droht).

    • Dr. Jochen Konrad sagt:

      Liebe Mady,

      wie wäre es denn mal mit einer neuen Strategie: Sein Sie doch mal positiv, genießen Ihr Leben und tun, was SIE gerne wollen – ohne andere dabei zu verletzen natürlich. ;-)

      Dr. K

  5. Flower sagt:

    Also ich freue mich, wenn man(n) nett zu mir ist und bin es auch gerne. Nett zu sein macht mich selbst glücklich!

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